Fünfzehn Jahre als Motor der Energiewende im Odenwald unterwegs

Energiegenossenschaft Odenwald (eG) verknüpft regenerative Energien mit nachhaltigem Bauen

Erbach. Am 16. Februar 2009 war die Geburtsstunde der Energiegenossenschaft Odenwald eG (EGO). Was mit 203 Mitgliedern im Gründungsjahr und einer Bilanzsumme von 1,5 Millionen Euro begonnen hat, ist 15 Jahre nach seiner Gründung um ein Vielfaches herangewachsen. Dazwischen liegt nicht nur ein stetiger Wachstumsprozess, sondern hat auch ein Veränderungs- und Anpassungsprozess stattgefunden. Besonders zu Zeiten, in denen andere Energiegenossenschaften Einbußen erlitten oder gar aufgegeben haben, ist es der EGO gelungen, neue Geschäftsfelder zu erschließen und damit ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern. Mit aktuell knapp 3.000 Mitgliedern und einer Bilanzsumme im Kerngeschäft von etwa 45 Millionen Euro (Stand 31. Dezember 2022) zählt die EGO seit etlichen Jahren zu den größten und vielfältigsten Energiegenossenschaften in Deutschland. Neben dem Geschäftsfeld „Energie“ hat die EGO weitere Geschäftsfelder wie „Immobilien- beziehungsweise soziale Infrastruktur“ und „Versorgung“ erschlossen. In verantwortlichen Funktionen sind die beiden Vorstände Christian Breunig (vom ersten Tag an) und Thomas Mergenthaler (inzwischen im elften Jahr) sowie die Prokuristin Annette Hartmann-Ihrig, deren berufliche Laufbahnen bei der Volksbank Odenwald eG begonnen haben.

Im Gespräch mit dieser Zeitung ziehen die beiden Vorstände eine insgesamt positive Bilanz und werfen zunächst den Blick zurück auf ihren vorherigen Arbeitgeber. Als Ideengeber nennt Breunig den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Odenwald eG, Rainer Eckert. „Ich habe da eine Idee. Da sollten wir unbedingt etwas tun“, lauteten seine Worte, nachdem er mich im vertraulichen Gespräch zu sich in sein Büro gebeten hatte“, erinnert Breunig sich an die Stunde null. Es dauerte nicht lange und die EGO war gegründet und der Grundgedanke, die Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende in der Region in Form einer Genossenschaft zu beteiligen, nahm an Fahrt auf. Mit ihm Boot waren auf ihren Gebieten erfahrene Persönlichkeiten wie der frühere Bürgermeister von Michelstadt, Reinhold Ruhr, und der Bauplaner Karl Heusel sowie der Energieexperte Professor Dr. Lothar Petry, welche von Beginn an dem Aufsichtsrat angehören. Das im Laufe der Jahre um etliche jüngeren Köpfe ergänzte Team ist auf elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angewachsen.

Ein Schwerpunkt bilden die rund 100 Photovoltaikanlagen auf eigenen oder angemieteten Dachflächen. Hinzu kommen eigene Freiflächenanlagen in Beerfelden und Brombachtal, sowie mitprojektierte Flächen in Reichelsheim und Unter-Mossau. Neue Flächen sowie eine Erweiterung (Beerfelden) sind in Vorbereitung. In der Summe verfügen alle Anlagen zusammen über Nennleistungen von zirka 15 Megawatt-Peak. Für die Vermarktung des selbst erzeugten Ökostroms nutzt die EGO drei Wege: Die Einspeisung in das öffentliche Netz nach EEG, den Direktverkauf an den Gebäudenutzer sowie die gemeinsame Vermarktung mit dem regionalen Partner, der Entega.

Noch stärker engagiert ist die EGO auf dem Sektor energieeffiziente Immobilien. Weichenstellend hierfür war eine 2011 erfolgte Satzungsänderung, die dem Geschäftsfeld „Immobilien/Soziale Infrastruktur“ Auftrieb gegeben hat. Gebaut wurden Schulen und Kindertagesstätten, beispielsweise in Offenbach, Griesheim, Rimbach, Schaafheim und Wald-Michelbach sowie inzwischen auch in Kommunen des Odenwaldkreises. Mergenthaler versichert: „Wir halten immer unsere Angebotspreise und Bauzeiten ein“, was selbst in Zeiten von Lieferengpässen und gestiegenen Kosten am Bau zutreffe. Vom Wert „gewachsener Strukturen“ in Verbindung mit „einer lösungsorientierten Arbeitsweise“ profitieren auch die Kunden der EGO, zu denen immer mehr Kommunen im Odenwaldkreis und in den Nachbarlandkreisen gehören. Stark nachgefragt ist die EGO bei der Planung und Errichtung von Kindertagesstätten, nicht zuletzt dank der Einhaltung der Kosten und schlüsselfertigen Übergabe zum vereinbarten Zeitpunkt. „Die Kita in Hiltersklingen wird planmäßig im Mai 2024 fertig gestellt“, ergänzt Mergenthaler. Weitere Kitaprojekte werden aktuell in Rimbach sowie in Griesheim umgesetzt.

Zum „Haus der Energie“, jenem imposanten Gebäudeansammlung, die aus der stillgelegten, früheren Erbacher Brauerei hervorgegangen und bereits um mehrere Ergänzungsbauten auf eine Innenfläche von aktuell zirka 17.000 Quadratmetern herangewachsen ist: Das brach liegende Gelände wurde 2011 erworben und nach einer umfangreichen Um- und Ausbautätigkeit im Juli 2014 seinem neuen Zweck übergeben. Hier haben etliche Unternehmen ihren Firmensitz, weshalb die Anschrift sich als Kompetenzzentrum rund um das Thema Energie versteht und die EGO stetig ihr Beratungsangebot ausgebaut hat. Hinzugekommen sind nach und nach Mieter der öffentlichen Hand, darunter das Bau- und Immobilienmanagement sowie andere Abteilungen der Kreisverwaltung, die über langfristige Verträge Planungssicherheit auf beiden Seiten hergestellt haben. Für eine rege Bautätigkeit stehen als jüngste Beispiele das freistehende „Haus der Wirtschaft“ und die würfelartige Aufstockung am Hauptgebäude, die erst vor wenigen Monaten bezugsfertig wurde. Im neuen Jahr steht eine weitere größere Veränderung an, die bereits in wenigen Wochen mit dem Abriss einer früheren Fertigungshalle beginnen wird, kündigt Breunig das nächste große Bauprojekt an. An ihrer Stelle wird ein Neubau für das Jugendamt entstehen.

Hingegen heruntergefahren hat die EGO bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung ihr Engagement auf dem Sektor Windkraft. Zu Beginn hatte die EGO sich auf die Standorte konzentriert, die im gemeinsamen Flächennutzungsplan der kreisangehörigen Kommunen liegen und damit von den gewählten Vertretern gutgeheißen wurden. Bekanntlich ging der Plan nicht auf und wurde vom Regierungspräsidium nicht genehmigt. Heute hält die EGO nur noch Beteiligungen. Breunig abschließend: „Neben den zahlreichen umgesetzten Projekten ging immer eine nachhaltige wirtschaftliche Geschäftspolitik einher. Langfristig ausgelegte Projekte münden seit Gründung in eine gute Eigenkapitalausstattung (35% in 2023) mit stetigem Ausbau der Wirtschaftskraft. Zu unseren Stärken zählt die regionale Verbundenheit mit Kreis, Städten, Gemeinden, Firmen, Bürgern und Mitgliedern in der Region.“ Auch hierfür stehe das gewählte Motto „Zukunft gemeinsam gestalten – ökonomisch, ökologisch, sozial“.

Text & Bild: Manfred Giebenhain

Christian und Thomas

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